Neubenennung partizipativ gestalten!

Nach der Entscheidung zur Neubenennung ist ein neuer Hochschulname mit Vision noch nicht in Sicht.  

Die Entscheidung die Hochschule neu zu benennen ist acht Monate her. Seitdem soll eine Arbeitsgruppe des Akademischen Senats die Namensfindung koordinieren. Mit diesem Prozess können wir aus Sicht der Studierendenschaft nicht zufrieden sein. Nicht weil er lange dauert, sondern weil der Kurs nicht stimmt.   

Am 23. Januar diesen Jahres tritt der Präsident der BHT, Werner Ullmann, in der Sondersitzung der Akademischen Versammlung vor die Hochschulangehörigen und hält, nicht ganz im Rahmen der Geschäftsordnung, ein 15-minütiges Plädoyer zur Neubenennung. Er argumentiert, warum die Hochschule den Namen des preußischen Beamten und Antisemit, Christian Peter Wilhelm Friedrich Beuth, ablegen sollte. Ullmann stellt seinen eingereichten Antrag vor, in dem es unter anderem heißt: „Der Präsident wird aufgefordert, einen hochschulweiten Prozess zur Namensfindung einzuleiten und im Laufe des Sommersemesters 2020 durchzuführen. Die Auswahl […] erfolgt in einem transparenten Verfahren […|“.  

Aufgrund der damals noch unabsehbaren Verzögerungen durch die Maßnahmen zur Eingrenzung der Corona-Pandemie, nimmt die AG „Neuer Hochschulname“ erst Mitte Mai 2020 ihre Arbeit auf – plant aber weiterhin mit dem Ziel, einen neuen Namen im Sommersemester 2020 zu haben.   

Zur Namensfindung wurde ein Formular online zur Verfügung gestellt, in dem Hochschulnamen vorgeschlagen werden können. Dieses Formular ist weiterhin nutzbar. 

Es sind schon über 300 Vorschläge eingegangen, die auch für die Hochschulmitglieder einsehbar sind.   

Dabei muss traurigerweise erwähnt werden, dass als “Vorschläge” mehrere explizit rassistische und antisemitische, homo- und transphobe Äußerungen aus der Hochschulgemeinschaft eingegangen sind. Diese wollen wir hier nicht reproduzieren (Womit nicht die Personen (alle Männer*) als Namensvorschläge gemeint sind, die Rassist*innen oder Antisemit*innen waren, wie Otto von Bismarck, Henry Ford oder wieder Beuth). Gegen diese “Vorschläge” fand keine öffentliche Distanzierung außerhalb akademischer Gremien durch die Hochschule statt. Weder wurden mögliche Konsequenzen gegen die Personen, die das Formular für derartige Äußerungen genutzt haben, geprüft. Derartige Verhetzung aus den Reihen der Hochschulgemeinschaft stillschweigend hinzunehmen bedeutet, diese als Teil der Hochschule zu akzeptieren! Solcherlei Handlungen sind jedoch keine “Einzelfälle” oder missverstandener Humor. Es sind Zeichen einer gesamtgesellschaftlichen Problematik, die für viele Menschen reale Gefahr bedeutet. Deshalb ist es unbedingt nötig, dass die Hochschule geschlossen gegen dieses Verhalten eintritt.  

Auf Empfehlung der Arbeitsgruppe wurde durch den Akademischen Senat „von einem Personen-Namen (Namenspatron/-in) im neuen Hochschulnamen“ Abstand genommen. Wir als Vertreter*innen der Studierendenschaft unterstützen diese Entscheidung – weil es in der Vergangenheit schief gegangen ist und weil wir es falsch finden, eine einzelne Person im Rahmen einer kollektiven gesellschaftlichen Errungenschaft, wie unserer Bildungseinrichtung, zu glorifizieren. Ein Personenkult sollte durch einen Inhaltlichen Diskurs ersetzt werden. Durch diese Entscheidung würde ein Großteil der Namensvorschläge wegfallen.  

„Ein Hochschulname hat mehrere Bausteine“ sagt Ulrich Müller vom Centrum für Hochschulentwickung (CHE) beim zweiten Symposium im Januar 2020. „Der Hochschultyp, eine Regionale Zuordnung und gegebenenfalls eine fachliche Ausrichtung“. Bei uns zum Beispiel: Hochschule, Berlin und Technik.  

In der Arbeitsgruppe wurde versucht, die Namensvorschläge einzuordnen und sehr schnell zu bewerten. So gab es Aussagen, wie „Das klingt aber nicht gut“, „Das kann ich mir gar nicht vorstellen“ oder „So etwas haben ich noch nicht gehört, das macht ja niemand“. Das sind alles verständliche Reaktionen auf unbekannte Namen. Aber genau einen solchen suchen wir ja. Dafür braucht es einen offenen, kreativen und partizipativen Prozess. Diesen sehen wir nicht. Deswegen haben uns die studentischen Mitglieder der Arbeitsgruppe versichert, immer wieder Vorschläge gemacht zu haben abstrakte Namensideen zuzulassen, die Hochschulangehörigen mit zu beteiligen und Diskussionen über die Grundsätze der Hochschule zu führen,  aus denen ein Name entstehen kann. Auch der Brückenschlag zu benachbarten Themen der Hochschulentwicklung sei für sie essentiell, um breitenwirksame Akzeptanz unter allen Statusgruppen und Externen zu schaffen.  Sie seien dabei jedoch auf Widerstand gestoßen.   

Gerade die Namenssuche sehen wir als ein passendes Projekt an, um Online-Tools auszuprobieren und die Studierendenschaft, sowie alle anderen Hochschulmitglieder in den Prozess zu einzubinden. Es könnte einen Bezug zur Hochschule für Studierende aller Fachsemester in ihrem Online-Semester herstellen und das Gefühl zu vermitteln, die Hochschule selbst mitzugestalten. Der resultierende Nutzen für langfristige Bindung und Beteiligungs-bereitschaft wäre nicht zu unterschätzen. Die studentischen Vertreter*innen hatten Präsidium und Arbeitsgruppe bereits ein Beteiligungskonzept vorgestellt und Beratungsangebote für Partizipationsdesigns zur Verfügung gestellt. Diese sollen trotz anderweitiger Ankündigung nicht konsultiert worden sein.  

Der Präsident hat angekündigt ein Feedbackmöglichkeit zu den favorisierten Namensvorschlägen für die Hochschulangehörigen einzurichten. Die Rückmeldungen soll über E-Mail oder Moodle eingereicht werden.  

Die studentischen Mitglieder der AG Neuer Hochschulname, Paul Jerchel und Dario Brinkmann, berichten jedoch von deutlich mehr Potential: “Es wäre auch unter aktuellen Umständen möglich, konsensbildende Prozesse durch Open-Source-Plattformen wie Aula (PolitikDigital.de), Consul, Consider.it oder andere zu initiieren. Die Nutzung solcher Tools zur Akzeptanzsteigerung und Harmonisierung mit benachbarten Fragestellungen nach Leitbild, Lehr- und Forschungsprofil, Transferzielen und Meilensteinen der Fachbereiche sowie Nachhaltigkeits- und Klimaschutzstrategie, könnte zeitgleich den Start in eine neue Form der kooperativen Selbstverwaltung unserer Hochschule markieren, die Verwaltung durch Echtzeit-Feedback zur “Gestaltung” möglich macht. Entsprechende Beratungsoptionen und ein technischer Lösungskatalog liegen allen Beteiligten seit geraumer Zeit vor.”  

In den letzten Monaten, nach dem Tod von George Floyd und folgenden Black-Lives-Matter-Demonstrationen, gab es eine Reihe von internationalen Denkmalstürzen und Umbenennungen. Im August wurde, durch jahrelangen Druck von betroffenen Personen, entschieden, die M- Straße in Berlin-Mitte in Anton-Wilhelm-Amo-Straße umzubenennen. Gerade diesen gesellschaftlichen Diskurs hätten wir mit unserer Hochschule verbinden können. Auch online.  

Es gab seit dem Aufruf, Namensvorschläge einzureichen, keine Mails, keinen Tweet oder Instagram-Post von der Hochschule zur Namenssuche an die Studierendenschaft – mit der Ausrede und Aufforderung, wir als verfasste Studierendenschaft sollten informieren. Dies entspricht nicht dem angekündigten “transparenten Verfahren”.   

Wir als Vertreter*innen der Studierendenschaft beschließen daher hiermit und fordern:  

  • Anstoß einer breiten Diskussion über den zukünftigen Hochschulnamen unter Berücksichtigung umliegender Zielsetzungen und Merkmale
  • Beteiligung aller Statusgruppen in der Namensfindung durch partizipative Werkzeuge
  • die Studierendenschaft regelmäßige über den Prozess der Namensfindung zu informieren.  
  • Einbeziehung gesellschaftlicher und grundsätzlicher Debatten in den gesamten Prozess
  • Öffentliche Distanzierung von eindeutig rassistischen, antisemitischen, homo- und transphoben oder andersartig diskriminierenden “Vorschlägen” zur Neubenennung
  • eine rechtliche Prüfung von hochschulinternen, als auch strafrechtlichen Konsequenzen für diejenigen Personen, die rassistische, antisemitische, homo- und transphobe oder andersartig diskriminierende “Vorschläge” über das bereitgestellte Online-Formular einreichen. Die Ergebnisse der rechtlichen Prüfungen sind mit dem AStA zu teilen

Sprache und Benennungen prägen unser Selbstverständnis. Paul Jerchel und Dario Brinkmann hatten bereits früher in einem Weddingweiser-Beitrag die Umbenennung als Möglichkeit gesehen, als “Chance, um unserer Hochschule eine neue Ausrichtung zu geben.” Dabei wurden Themenschwerpunkte wie “Klimakrise, Sexismus und Queerfeindlichkeit in der Gesellschaft und der Rechtsruck” genannt. “Auch der Begriff Offenheit (Openness) kann hier Anknüpfungspunkt sein”. Uns geht es aber maßgeblich darum, den Prozess entsprechend auszugestalten, um nicht in ein paar Jahren wieder vor einer erneuten Namenswahl zu stehen. Machen wir diese Gelegenheit einmalig und lassen sie nicht verstreichen.   

Text des AStA der BHT – Verfasst von Dario B. und Phillip B.  

Weitere Infos:

News Reporter
Mail: anti@studis-bht.de

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